Studie des KDA zu neuen Wohnformen
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will das stambulante Konzept gesetzlich in der geplanten Pflegereform verankern. „Das ist eine Versorgungsform, die in Deutschland bisher fehlt“, sagte der SPD-Politiker in Berlin. Wenn der rechtliche Rahmen dafür geschaffen sei, könnte zum Beispiel die eine oder andere Seniorenresidenz solche Angebote mit Pflegediensten zusammen aufbauen, so der Minister. Mit der Nachfolgestudie zum „Modellprogramm – Weiterentwicklung neuer Wohnformen für Pflegebedürftige § 45f SGB XI“ evaluiert Christian Heerdt, Leiter Wohnen und Quartiersentwicklung im Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA), gerade den Bestand und die Entwicklung neuer, hybrider Wohnformen aus dem 2018 abgeschlossenen Modellprogramm des GKV-SV – darunter auch das Stambulant-Modell.
Das Modell gibt pflegebedürftige Menschen und ihren Angehörigen die Möglichkeit, in dafür ausgestatteten Wohnungen eine Mischform aus ambulanter und stationärer Pflege zu wählen. Das Konzept wurde von der BeneVit Gruppe unter Beteiligung der AOK Baden-Württemberg als Vertreterin der Kassen und dem Sozialministerium Baden-Württemberg entwickelt und wird im Haus „Rheinaue“ in Wyhl seit 2016 als Pilotprojekt umgesetzt. Es baut auf dem Hausgemeinschaftskonzept des KDA auf und ermöglicht Bewohnern und Angehörigen die Kombination unterschiedlicher Leistungen bei hoher Versorgungssicherheit und gleichzeitiger Wahlfreiheit.
„Das stambulant-Modell zeigt als ein Beispiel neuer Wohnformen, wie Versorgungsgrenzen im Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner aufgehoben werden und Selbstbestimmung sowie Sicherheit gefördert werden können“, erklärt Christian Heerdt. Das nun ein nachhaltiger gesetzlicher Rahmen dafür geschaffen werden solle, sei deshalb ein Schritt in die richtige Richtung und zugleich „eine Chance für alle alternativen Wohnangebote“, so Heerdt. „Innovative und vor allem an den Bedürfnissen der Menschen orientierte Wohn- und Versorgungsangebote brauchen ein flexibles Leistungs- und Ordnungsrecht. Deshalb geht es bei der anstehenden Gesetzesreform nicht darum, eine weitere zum Stambulant-Modell passende Säule einzuziehen, sondern den rechtlichen Rahmen dafür zu schaffen, die Vielfalt der Wohnformen im Spektrum von ambulant bis stationär möglich zu machen und die künstlichen Grenzen aufzuheben.“ Nur so lasse sich Pflege zukunftsfest und demokratisch gestalten.
Die Folgestudie, die Christian Heerdt gerade im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes durchführt, untersucht die vielfältigen Wohnangebote für Menschen mit Pflegebedarf. Durch die Studie werden der aktuelle Entwicklungsstand sowie zentrale Einflussfaktoren der Modellprojekte aus Nutzenden-, Mitarbeitenden- und Träger-Sicht erfasst sowie Entwicklungsperspektiven eruiert.
Helmut Kneppe, Vorstandsvorsitzender des KDA, betonte: „Es wäre sehr wünschenswert, wenn die Pflegereform einen möglichst breiten Rahmen für neue Wohnformen setzen und so bewusst eine Vielfalt von Gestaltungsmöglichkeiten zulassen würde.“
Minister Lauterbach stellte zumindest für den Stambulant-Gedanken allgemein schon einmal fest: „Das Interesse ist groß.“ Viele ältere Menschen und Angehörige wünschten sich dieses Konzept, bei dem pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen die Wahl haben, welche Leistungen stationär, welche ambulant und welche von Angehörigen oder Freunden erbracht werden sollen. Zudem, so der Minister, sei es eine ökonomisch attraktive Variante. Wenn der rechtliche Rahmen dafür geschaffen sei, könnte zum Beispiel die eine oder andere Seniorenresidenz solche Angebote mit Pflegediensten zusammen aufbauen.
In den vergangenen Jahren hat sich zwischen Heim und Häuslichkeit ein breites Spektrum an „neuen“ Wohn- und Versorgungsmöglichkeiten für Pflegebedürftige entwickelt. Der Ausbau dieser hybriden Wohnmodelle wurde durch die Pflege- und Heimgesetzgebung maßgeblich gefördert und deren Umsetzung in dem Modellprogramm zur Weiterentwicklung neuer Wohnformen nach § 45f SGB XI gezielt untersucht. Das Programm wurde von 2015 bis 2018 durch das KDA und die Prognos AG evaluiert. Seitdem haben sich im Pflege- und Wohnsektor vielfältige neue Entwicklungen ergeben, die auch Einfluss auf die Umsetzung und Verbreitung solcher „neuen“ Wohnformen haben. Gesicherte Erkenntnisse, wie sich die aktuellen Entwicklungen in diesem Marktsegment darstellen, gibt es bislang jedoch weder national noch international. Das KDA untersucht im Rahmen dieser Nachfolgestudie daher die
- aktuellen Strukturen und Entwicklungen,
- die Impulswirkungen der Modellprojekte
- sowie förderliche und hinderliche Faktoren
bezüglich der am damaligen Förderprogramm nach § 45f SGB XI beteiligten Modellprojekte.
Information des GKV-Spitzenverbands zur Evaluation neuer Wohnformen durch das KDA:
https://www.gkv-spitzenverband.de/pflegeversicherung/forschung/modellprojekte/pflege_laufende_projekte_8/follow_up_45f.jsp
Zum KDA-Konzept Wohnen 6.0 und der Demokratisierung des Wohnens
BeneVit Gruppe über das Stambulant-Modell: https://www.benevit.net/wp-content/uploads/2023/11/BeneVit-Stambulant-leben-der-Ueberblick-2023-11-11.pdf
Fachliche Fragen richten Sie bitte an Christian Heerdt: christian.heerdt@kda.de
Medienanfragen beantwortet gerne Solveig Giesecke: Tel.: +49 30 / 2218298 – 58, solveig.giesecke@kda.de