Modernisierungsbedarf bei vielen Pflege-Immobilien
Eine neue Studie zum Betreuten Seniorenwohnen ist erschienen. Demnach steht die Branche vor einer Sanierungswelle mit hohem Finanzierungsbedarf und steigenden Mieten einerseits sowie sich ändernden Ansprüchen an das Betreute Wohnen andererseits. Das verdeutlicht die gemeinsame Studie „Betreutes Seniorenwohnen 2022″ des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) und der BFS Service GmbH. Den Herausforderungen, so die Empfehlung, solle nicht einzeln, mit isolierten Lösungen, sondern viel mehr gemeinsam und durch eine kluge Vernetzung begegnet werden.
Die Anbieter Betreuten Wohnens sehen enorme Herausforderungen auf ihre Branche zukommen. Die Kostenwicklung und die bedarfsgerechte Versorgung eines erheblich pflegebedürftigen Personenkreises liegen klar an der Spitze (jeweils 72 %). Große Sorgen bereiten auch der Personalmangel (62 %), der Rückgang familiärer Unterstützung (52 %) und die Sicherung der Attraktivität für nicht pflegebedürftige Personen (47 %). Allerdings sehen die Verantwortlichen nicht nur Probleme, sondern auch Lösungsansätze. Hohes Interesse gilt der Vernetzung mit komplementären Leistungsanbietern (66 %), dem Einsatz von mehr Technik und Digitalisierung, um Pflegende zu entlasten und Hilfsbedürftige zu unterstützen (56 %), und dem Ausbau eigener Leistungsangebote (55 %).
Es wird u. a. deutlich, dass künftige Bewohnerinnen und Bewohner etwas stärker auf Hilfe in verschiedenen Bereichen angewiesen sein werden, gleichzeitig aber auch der Anspruch an ein teilhabendes Miteinander – auch digital – steigen wird. Die Studie verdeutlicht Entwicklungen künftiger Neukunden-Profile: Alleinlebende, mehr Menschen mit psychischen Auffälligkeiten, mehr Interessenten mit geringeren finanziellen Möglichkeiten. Auffallend sind das höhere Alter und die stärkere Pflegebedürftigkeit der Bewohnerschaft: Gut 40 Prozent sind 80 Jahre und älter, rund 10 Prozent auch über 90 Jahre alt. Rund ein Viertel der Pflegebedürftigen hat einen erhöhten bzw. schweren Pflegegrad (Pflegegrad 3-5). Mit der zunehmenden Hochaltrigkeit steigt die Häufigkeit einer Demenz-Erkrankung.
Zu den Herausforderungen durch eine älter und weniger zahlungskräftiger werdende Bewohnerschaft kommt ein Modernisierungsbedarf vieler Immobilien hinzu. Immobilien des Betreuten Wohnens sind mehrheitlich in die Jahre gekommen, belegt die Befragung. Demnach sind 57 Prozent älter als 20 Jahre und müssen in nächster Zukunft saniert werden – abgesehen von einem Umstieg auf erneuerbare Energien. Bei 30 Prozent liegt die letzte Renovierung mehr als zehn Jahre zurück. „Mit naheliegenden Konsequenzen“, erklärt Ursula Kremer-Preiß, Bereichsleiterin Wohnen und Quartiersgestaltung beim KDA: „Diese Entwicklung wird einen hohen Finanzierungsbedarf nach sich ziehen, der sich in steigenden Mieten niederschlägt.“
Die Studie zeigt eine „sehr große Bandbreite“ der Kaltmieten für Betreutes Wohnen: von 4,20 Euro bis 25 Euro pro Quadratmeter. Die Autorinnen ermitteln für eine gängige Wohnungsgröße von 54 Quadratmetern 765 Euro für Miete, Nebenkosten und Servicepauschale (2018: 721 Euro), individuelle Wahlleistungen nicht mitgerechnet. Klar ist, dass es dabei nicht bleibt. Zu den Kostensteigerungen der vergangenen Jahre kommen die aktuellen Entwicklungen der Energiepreise, die Inflation und die anstehenden Sanierungen hinzu. „Das Betreute Wohnen wird künftig erheblich teurer“, hält Britta Klemm, Leiterin Kompetenzzentrum Sozialwirtschaft & Research bei BFS Service GmbH, fest.
Die Auslastung der Immobilien liegt durchschnittlich bei 98 Prozent, lediglich fünf Prozent der Anbieter waren bis nur zu 80 Prozent ausgebucht. Die Wartezeit bis zum Bezug einer Wohnung liegt im Durchschnitt bei sieben Monaten. Zwar verzeichnen 8,5 Prozent der Träger eine Nachfragesättigung in ihrer Region, eine große Mehrheit geht jedoch von einer weiterhin steigenden Nachfrage beim Betreuten Wohnen (53,7 % der Befragten) und beim altersgerechten Wohnen (26,8 %) aus.
Die Studie folgt einer ersten zum Thema aus dem Jahr 2018 und basiert auf der Befragung von knapp 500 Betreibern Betreuten Seniorenwohnens von März bis Mai 2022. Die Teilnehmenden verfügten über rund 1.600 Wohnanlagen mit 60.000 Wohnungen. Damit erfasst die Studie knapp ein Viertel (23 %) aller Standorte für Betreutes Wohnen. Betreute Wohneinrichtungen verfügen über durchschnittlich 50 Wohnungen.
Studie:
Ursula Kremer-Preiß / Britta Klemm, Studienergebnisse Betreutes Seniorenwohnen 2022. Hg.: Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) und BFS Service GmbH, Köln 2022
Studie Betreutes_Seniorenwohnen2022_Nov. 2022
Eine Zusammenfassung der Ergebnisse finden Sie hier:
Betreutes Seniorenwohnen Ausgewählte Ergebnisse aus der Befragung 2022
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